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Urteilsbegründung zur Ochtrupentscheidung des OVG Münster liegt vor Auf die Klage der Stadt Ochtrup hin hat das OVG Münster die Bezirksregierung Münster verpflichtet, die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Ochtrup als Grundlage für die Erweiterung des bestehenden Factory Outlet Centers (FOC) in Ochtrup zu genehmigen.


§ 24 Abs. 1 Satz 4 LEPro, wonach Hersteller-Direktverkaufszentren mit mehr als 5.000 qm Verkaufsfläche nur ausgewiesen werden dürfen, wenn sich der Standort in einer Gemeinde mit mehr als 100.000 Einwohnern befindet, stehe dem nicht entgegen, da diese Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof des Landes NRW bereits mit Urteil vom 26.08.2009 für unwirksam erklärt worden war. Insoweit überrascht die nunmehr vorliegende Entscheidung des OVG Münster nicht.


Neu und in seiner praktischen Wirkung kaum überschätzbar ist, wie das Oberverwaltungsgericht mit den übrigen Bestimmungen des § 24a LEPro umgeht.


Mit einer beachtlichen Begründung stellt das Oberverwaltungsgericht die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zum Erlass des § 24a LEPro in Frage. Die geregelte Materie gehöre nicht dem Recht der Raumordnung, sondern dem Bodenrecht an, für das nicht der Landes- sondern der Bundesgesetzgeber eine Gesetzgebungskompetenz besitze. Im Ergebnis komme es hierauf allerdings nicht an. Denn die Regelungen des § 24a LEPro erfüllen nach Auffassung des OVG nicht die gesetzlichen Anforderungen an die Gemeinden bindende Ziele der Landesplanung i.S.v. § 1 Abs. 4 BauGB. Der Landesgesetzgeber habe keine der kommunalen Bauleitplanung vorgelagerte abschließende Entscheidung getroffen. Dies aber sei Voraussetzung für die Einordnung einer Regelung als Ziel der Landesplanung. Außerdem sei die Vorschrift nicht hinreichend bestimmt.


Die Regelungen des § 24 LEPro seien als Grundsätze der Landesplanung von der Stadt Ochtrup sachgerecht in die Abwägung zur Frage der Raumverträglichkeit der geplanten Erweiterung eingestellt worden. Für die bei Grundsätzen der Landesplanung mögliche Abwägungsentscheidung sei es entscheidend darauf angekommen, ob durch die mit der Planänderung ermöglichte Erweiterung des FOC nicht nur die Konkurrenzfähigkeit einzelner Geschäfte in den Nachbarkommunen, sondern die ganzer Branchen in Frage gestellt werde in dadurch das Konkurrenzproblem in ein Strukturproblem umschlage. Dies sei nachdem zutreffenden von der Stadt eingeholten Gutachten indes nicht zu befürchten.


Ausblick: Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht die Revision gegen sein Urteil in üblicher Weise nicht zugelassen. Hiergegen kann die unterlegene Bezirksregierung jedoch Beschwerde einlegen, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu entscheiden hätte. Ob die Bezirksregierung von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist zweifelhaft, nachdem sie inzwischen schon vor Ablauf der Rechtsmittelfrist die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Ochtrup vorbehaltlos genehmigt hat.


Bewertung: Die Bedeutung der Entscheidung für die Praxis kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie gewährt den Gemeinden Planungsspielräume, die diese seit 2 Jahren nicht mehr für möglich gehalten haben. Die Verantwortung für die Entwicklung des Einzelhandels wird von den Landesplanungsbehörden wieder auf die Gemeinden zurückverlagert. Nicht für alle, wohl aber für einige gemeindliche Planungen, die bisher an der Hürde des § 24a LEPro gescheitert sind, ist eine neue Realisierungschance eröffnet.


Inwieweit die vom Oberverwaltungsgericht geäußerten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Regelung der Materie durch den Landesgesetzgeber Folgen auch für vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern haben werden, bleibt abzuwarten. Es spricht vieles dafür, dass die vom OVG Münster geäußerten Bedenken auch für andere Landesgesetze Geltung beanspruchen können.


Eine Reparatur des § 24a LEPro ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nunmehr nur durch den Bundesgesetzgeber möglich.


Dr. Michael Oerder
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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