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Die nach dem Landeswassergesetz zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Gemeinden sind lediglich berechtigt, einen Entwässerungsantrag daraufhin zu prüfen, ob eine Grundstücksentwässerungsanlage im Inneren des Gebäudes vorhanden und – etwa nach ihrer Dimensionierung – tatsächlich geeignet ist, das Abwasser den öffentlichen Abwasseranlagen zuzuführen. Ihre Prüfungsbefugnis erstreckt sich jedoch nicht auf die Einhaltung baurechtlicher Vorschriften zu Abwasseranlagen sowie einschlägiger DIN-Normen; diese Prüfung obliegt vielmehr den Bauaufsichtsbehörden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz mit Urteil vom 12.02.2016 (Az.: 10 A 10840/15).

Die Klägerin, eine Bauträger-GmbH, und ihr Geschäftsführer sind Eigentümer des ehemaligen Gebäudes der Sparkasse Rhein-Haardt in Neustadt an der Weinstraße. Sie begannen zunächst ohne Genehmigung Umbaumaßnahmen an dem Gebäude, welche der zukünftigen Nutzung des Erd- und
Kellergeschosses als Geschäfts- und Lagerräume sowie der Obergeschosse als Wohnungen dienten. Nach Einschreiten der beklagten Stadt Neustadt an der Weinstraße reichte die Klägerin im Jahr 2013 beim Eigenbetrieb Stadtentsorgung Neustadt an der Weinstraße ? ESN ? einen Entwässerungsantrag ein, der u. a. vorsah, dass die Leitungen, welche die Wohnungen in den Obergeschossen entwässern, unter der Decke des im
Erdgeschoss vorgesehenen Lebensmittelmarkts geführt werden sollten.

Diesen Entwässerungsantrag lehnte der ESN ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass es gegen die allgemeine Entwässerungssatzung der Beklagten und die allgemeinen Regelungen der Technik (DIN 1986-100 und DIN EN 12056-4) verstoße, Abwasserleitungen unter der Decke eines Lebensmittelmarkts zu führen. Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, der ESN sei für die Überprüfung der Entwässerungsanlage im Innern ihres Gebäudes nicht zuständig. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße Nr. 28/2015). Das Oberverwaltungsgericht wies die Berufung der Beklagten gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zurück.

Der Entwässerungsantrag der Klägerin habe nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, die im Innern des Erdgeschosses des Gebäudes
geführte Entwässerungsleitung verstoße gegen die Vorschriften der Landesbauordnung zu Abwasseranlagen in Verbindung mit den einschlägigen DIN-Normen. Zwar sehe die Entwässerungssatzung der Beklagten nach ihrem Wortlaut vor, dass der ESN im Rahmen der Prüfung eines Entwässerungsantrags über „Art und Umfang der Grundstücksentwässerungseinrichtung“ und damit auch über die Führung der Entwässerungsleitung im Inneren eines Gebäudes entscheide. Die Satzungsbestimmung sei jedoch gesetzeskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass der ESN nur berechtigt sei, die Abwasserleitungen im Gebäudeinneren im Hinblick auf den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlichen
Abwasserbeseitigungsanlagen zu prüfen. Nur eine solche Auslegung der Vorschrift stehe mit der gesetzlichen Satzungsermächtigung in Einklang, die
sich auf die Regelung abwasserbeseitigungsrechtlich relevanter Gesichtspunkte beschränke. Dies seien nur solche Belange, welche die Anschlussfähigkeit des Grundstücks an die öffentlichen Abwasseranlagen und deren ordnungsgemäßen Betrieb beträfen. Deshalb dürfe der Träger der
Abwasserbeseitigung einen Entwässerungsantrag hinsichtlich der Grundstücksentwässerungsanlage nur daraufhin prüfen, ob eine solche Anlage
im Inneren des Gebäudes vorhanden und sie zum Beispiel nach ihrer Dimensionierung tatsächlich geeignet sei, das Abwasser nach Art und Menge
den öffentlichen Abwasseranlagen zuzuführen. Dabei dürfe er nur den Schutz der eigenen Abwasserbeseitigungsanlagen vor Überlastung und Beschädigung berücksichtigen. Dementsprechend sei er berechtigt und verpflichtet, dem Benutzer der öffentlichen Abwasseranlagen gegebenenfalls aufzugeben, in seinem Gebäude Anlagen zur Reinigung des Abwassers vorzuhalten und zu nutzen, wenn das im Gebäude anfallende Abwasser mit schädlichen oder gefährlichen Inhaltsstoffen versetzt sei. Zu den abwasserrechtlichen Belangen, auf die sich die Prüfungs- und Genehmigungsbefugnis der zur Abwasser beseitigung verpflichteten Gemeinde beschränke, gehöre indessen nicht, ob die Grundstücksentwässerungsanlage mit den Vorschriften der Landesbauordnung zu Abwasseranlagen, ggf. in Verbindung mit den einschlägigen DIN-Normen, in Einklang sthe. Diese Prüfung obliege der Bauaufsichtsbehörde.

Quelle: Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung Nr. 7/2016

Ansprechpartnerin: 

inga-schwertner klDr. Inga Schwertner
Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Telefon: 0221-973002-18
E-Mail: i.schwertner[at]lenz-johlen.de

 

 

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