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Die EU-Notfallverordnung 2022/2577 (VO) vom 22.12.2022 ist seit dem 30.12.2022 in Kraft. Sie soll den Ausbau der erneuerbaren Energien kurzfristig stark beschleunigen. Die Verordnung gilt überwiegend unmittelbar. Hinsichtlich einzelner Regelungen bedarf sie der Umsetzung durch die einzelnen Mitgliedstaaten. Diese wird in Deutschland kurzfristig erfolgen. Am 03.03.2023 hat der Bundestag das Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften (ROGÄndG) beschlossen, das daher zeitnah in Kraft treten wird. Mit diesem Gesetz wird u.a. § 6 Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) eingeführt.

Dieser Beitrag nimmt die wesentlichen Regelungen für den Ausbau der Windenergie in den Blick.

Die Verordnung gilt für alle Genehmigungsverfahren, die zwischen dem Inkrafttreten der Verordnung am 30.12.2022 und dem (derzeit vorgesehenen) Außerkrafttreten am 30.06.2024 beginnen. Als Beginn gilt allerdings nicht die Einreichung des Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, sondern erst die Bestätigung des Eingangs des vollständigen Antrags (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b) VO).

Die für den Ausbau der Windenergie bedeutsamste Regelung ist Art. 6 der Verordnung. Diese erlaubt den Mitgliedstaaten unter leichten Voraussetzungen, für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, der Energiespeicherung und in bestimmten Fällen im Bereich der Stromnetze, Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und der artenschutzrechtlichen Prüfung vorzusehen. Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber Gebrauch gemacht.

Nach § 6 Abs. 1 WindBG wird für Windenergieanlagen weder eine UVP noch eine artenschutzrechtliche Prüfung erforderlich sein, wenn die Standorte in einem Windenergiegebiet (§ 2 WindBG) liegen, für das eine Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wurde und die Standorte sich nicht in einem FFH-Gebiet, einem Vogelschutzgebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark befinden. Auf Grundlage vorhandener Daten zur artenschutzrechtlichen Situation sind Minderungsmaßnahmen anzuordnen. Fehlen verwertbare Daten, hat der Betreiber eine jährliche Zahlung in Geld zu leisten. Diese kann 450 EUR je MW installierter Leistung oder 3.000 EUR/MW betragen. Die Höhe hängt davon ab, ob und welche Schutzmaßnahmen angeordnet werden. Die Zahlung geht an den Bund und wird für nationale Artenhilfsprogramme verwendet (vgl. § 45d BNatSchG).

Für bereits laufende Genehmigungsverfahren kann der Antragsteller vor der endgültigen Entscheidung der Behörde die Anwendung des § 6 Abs. 1 WindBG verlangen.

Die Verordnung bestimmt in Art. 3, dass Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, Speicheranlagen und das erforderliche Stromnetz sowie der Netzanschluss im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen. Das gilt in Bezug auf bestimmte Artikel der FFH-Richtlinie, der Vogelschutzrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie. Eine Vorhabenzulassung trotz negativer FFH-Verträglichkeitsprüfung und die Erteilung einer artenschutzrechtliche Ausnahme (§ 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG) werden dadurch erleichtert. Ein Verstoß gegen die Wasserrahmenrichtlinie kann leichter vermieden werden. Eine möglicherweise schon weiterreichende Bestimmung findet sich schon in § 2 EEG 2023.

Für Repowering-Projekte von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen wird eine Höchstdauer für das Genehmigungsverfahren von 6 Monaten festgesetzt (Art. 5). Die Frist ist damit kürzer als die 7-Monats-Frist für das förmliche immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren, aber länger als die 3-Monats-Frist für das vereinfachte Verfahren (§ 10 Abs. 6a BImSchG). Rechtsfolgen für den Fall einer Fristüberschreitung sieht die Verordnung nicht vor.

Ist bei Repowering-Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich, beschränkt sich diese auf die potenziell erheblichen Auswirkungen der Änderung oder Erweiterung im Vergleich zum Bestand (sog. Delta-Prüfung). § 16b Abs. 1 BImSchG enthält eine vergleichbare Regelung, die sich auf alle Genehmigungsanforderungen erstreckt.

Die EU-Notfallverordnung ist geeignet, den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen. Insbesondere die Erleichterungen im Bereich der UVP und des Artenschutzrechts sind geeignet, zu der bezweckten Beschleunigung zu führen.

Ihre Ansprechpartner:

Dr. Felix Pauli

Dr. Felix Pauli
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Telefon: 0221-973002-54
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Mats Hagemann
Rechtsanwalt
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