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In der obergerichtlichen Rechtsprechung werden unterschiedliche Auffassungen zu der Frage vertreten, ob der einzelne Sondereigentümer oder nur die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebietserhaltungsanspruchs geltend machen kann. Dies führt in der Praxis zu Unsicherheiten.

Wendet sich ein Nachbar gegen eine Baugenehmigung, kann er nur die Verletzung seiner subjektiven Nachbarrechte geltend machen. In diesem Zusammenhang gewährt der Gebietserhaltungsanspruch dem Eigentümer eines Grundstücks hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines Vorhabens im Plangebiet, das von der zulässigen Nutzungsart abweicht. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken eines wechselseitigen Austauschverhältnisses. Soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbar durchsetzen.

Das OVG Bremen hat mit Urteil vom 13.02.2015 – 1 W 355/14 – entschieden, dass auch ein einzelner Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeischaft die Verletzung des sog. Gebietserhaltungsanspruchs geltend machen könne. Zur Begründung wird ausgeführt, das Sondereigentum an der Wohnung vermittle in gleicher Weise wie einem Grundstückseigentümer bauplanungsrechtlichen Nachbarschutz. Es bestehe kein Anlass, den Sondereigentümer anders zu behandeln als etwa den Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Die Klagebefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers bestehe daher nicht nur, wenn ein Rücksichtnahmeverstoß bzw. ein Abstandflächenverstoß zu Lasten des jeweiligen Sondereigentums geltend gemacht werde, sondern auch wenn der Wohnungseigentümer einen Gebietserhaltungsanspruch gegen gebietsfremde Nutzungen geltend mache.

Mit dieser Auffassung weicht das OVG Bremen ausdrücklich von der Rechtsprechung des VGH München ab. In einem Urteil vom 08.07.2013 – 2 CS 13.807 – hat der VGH München ausgeführt, einen Gebietserhaltungsanspruch könne nicht der einzelne Sondereigentümer sondern alleine die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche geltend machen. Denn der Gebietserhaltungsanspruch sei grundstücksbezogen. Im Falle einer Wohnungseigentümergemeinschaft stehe das Grundstück im Gesamthandeigentum der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es bestehe daher primär eine Betroffenheit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dieser Auffassung hat sich auch das OVG Koblenz in einer aktuellen Entscheidung vom 27.04.2014 – 8 B 10304/15 – angeschlossen.

Praxishinweis:

Die unterschiedliche obergerichtliche Rechtsprechung führt zu Unsicherheiten in der Praxis. Besteht im Einzelfall die Gefahr, dass ein Bauvorhaben durch Nachbarn wegen einer Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs angegriffen werden könnte, sollte die Baugenehmigung daher möglichst allen Nachbareigentümern zugestellt werden. Denn eine starre Klagefrist von einem Monat gilt für jeden einzelnen Nachbarn nur, wenn ihm die Baugenehmigung mit zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung bekanntgegeben wurde.

Ansprechpartner:

Bela GehrkenBéla Gehrken
Rechtsanwalt

Telefon: 0221-973002-84
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