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Das VG Ansbach hat in seinem Urteil vom 2.11.2022 (verb. Verfahren AN 14 K 22.00468 und AN 14 K 21.01431) entschieden, dass das Fotografieren ordnungswidrig abgestellter Fahrzeuge und die Übermittlung dieser Fotografien an die Polizei nicht gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstößt.

Die Kläger sendeten Anzeigen von Parkverstößen im absoluten Halteverbot und auf Gehwegen samt Fotografien der Fahrzeuge an die zuständige Polizeibehörde. Wegen dieses Vorgehens wurden sie vom Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht verwarnt. Die Behörde begründete die Verwarnungen unter anderem damit, dass auf den Fotografien teilweise auch Personen und Fahrzeuge zu sehen waren, die in keinem Zusammenhang mit den Parkverstößen standen. Die Kläger machten geltend, dass ihr Vorgehen es der Polizei vereinfachen würde, effektiv gegen Parkverstöße vorzugehen und hierzu eine genaue Dokumentation erforderlich sei.

Datenschutzrechtlich kommt es in solchen Fällen auf die Frage an, ob das Anfertigen und Übermitteln von Fotografien eine rechtmäßige Datenverarbeitung darstellen. Der einschlägige Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO erlaubt Datenverarbeitungen dann, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sind. Dabei bedarf es einer Interessenabwägung mit den Rechten der Betroffenen. Besteht also für den Bürger ein berechtigtes Interesse daran, Falschparker zu fotografieren und sie der Polizei zu melden? Hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinter diesem Interesse zurückzutreten? Vor dem VG Ansbach erörterten die Beteiligten daher insbesondere die Frage, ob ein Anzeigeerstatter von den Parkverstößen persönlich betroffen sein muss, damit die Datenverarbeitung rechtmäßig ist. Das VG Ansbach hielt das Vorgehen der Kläger für rechtmäßig und hob die Verwarnung des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht auf.

Die Urteilsbegründung des VG Ansbach liegt noch nicht vor. Bereits jetzt deutet es sich aber an, dass entsprechende Konstellationen noch häufiger Gegenstand gerichtlicher Verfahren sein werden. Von verschiedenen Städten wird schon heute die Praxis gefördert, dass Bürger widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge dem Ordnungsamt melden und hierbei auch Fotografien der Fahrzeuge übermitteln. Auch eigens konzipierte Falschparker-Melde-Apps (z.B. „Wegeheld“, „i-Ticket“ oder „Park Collect“) werfen datenschutzrechtliche Fragen auf. Die Deutsche Umwelthilfe unterstützte die Kläger vor dem VG Ansbach und begrüßte die Entscheidung: Falschparken sei kein Kavaliersdelikt und gefährde Menschen, die mit dem Fahrrad, Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen unterwegs seien.

In der Vergangenheit beschäftigte sich bereits das AG Magdeburg (Beschl. v. 2.8.2021 – 300 OWi 720 Js 13328/21(251/21)) mit einem Bürger, der in einem Zeitraum von drei Monaten etwa 400 Fahrzeugkennzeichen fotografierte und die Bilder an die Stadt Magdeburg übermittelte. Anders als das VG Ansbach urteilte das AG Magdeburg, dass Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO keine geeignete Rechtsgrundlage darstellt, um die Fahrzeuge Dritter zu fotografieren und Anzeigen mit diesen Daten zu versehen.

Praxishinweis:

Wenn Städte und Gemeinden bei der Verfolgung von Falschparkern auf die Mithilfe ihrer Bürger zurückgreifen, müssen sie darauf achten, dass ihre Ordnungsämter nicht auf der Basis rechtswidrig erlangter Daten handeln. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung ist das Vorliegen eines „berechtigten Interesses“ des Anzeigeerstatters (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Eine gefestigte Rechtsprechung zur Frage, wann Bürger ein berechtigtes Interesse haben, Falschparker zu fotografieren und die Bilder an das Ordnungsamt zu übermitteln, besteht noch nicht. Es wird jedoch argumentiert, dass ein solches Interesse nur besteht, wenn der Anzeigeerstatter in einer qualifizierten Weise von dem Parkverstoß betroffen ist. Dies könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Gehweg vor dem Haus oder die Einfahrt versperrt ist. Wie die Gerichte das Spannungsverhältnis zwischen den Interessen des Anzeigeerstatters und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zukünftig auflösen, bleibt abzuwarten.

Ihre Ansprechpartner: 

Nima Rast

Nima Rast
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Telefon: 0221-973002-25
E-Mail: n.rast[at]lenz-johlen.de

 

Dr. Mahdad Mir Djawadi

Dr. Mahdad Mir Djawadi
Rechtsanwalt
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E-Mail: m.djawadi[at]lenz-johlen.de

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