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Im Verfahren um ein Bußgeld nach der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) gegen die Deutsche Wohnen SE hat der Generalanwalt am EuGH (GA) Campos Sánchez-Bordona seine Schlussanträge am 27.4.2023 in der Rechtssache  EUGH Aktenzeichen C-807/21 vorgelegt. Danach können die Datenschutzbehörden Bußgelder direkt gegen Unternehmen verhängen. Dies setze aber den Nachweis eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns eines Mitarbeiters voraus.

Das Verfahren geht auf einen Bescheid der Berliner Datenschutzbehörde aus dem Jahr 2019 zurück. Sie hatte dem Immobilienkonzern vorgeworfen, Maßnahmen zur regelmäßigen Löschung von Mieterdaten nicht ausreichend umgesetzt zu haben. Die Deutsche Wohnen hatte ein Archivsystem installiert, das personenbezogene Daten speicherte, aber keine Möglichkeit zur Löschung etwa bei Beendigung des Mietverhältnisses vorsah. Die Behörde hatte daher einen Bußgeldbescheid iHv 14,5 Mio. EUR gegen den Konzern erlassen. Das LG Berlin (ZD 2021, ZD Jahr 2021 Seite 270 mAnm vdBussche) erklärte diesen für unwirksam, weil keine konkreten Tathandlungen eines Unternehmensorgans dargelegt seien. Das KG (ZD 2022, ZD Jahr 2022 Seite 156 mAnm Petri) hatte das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die Frage vorgelegt, ob eine Sanktion unmittelbar gegen eine juristische Person verhängt werden kann, ohne dass zuvor die Verantwortlichkeit einer natürlichen Person festgestellt zu werden braucht. Außerdem will es wissen, ob der geahndete Verstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sein muss oder ob ein rein objektiver Verstoß gegen eine Verpflichtung genügt („strict liability").

Der GA kommt zu dem Ergebnis, dass die Datenschutzbehörden Bußgelder nach der DS-GVO direkt gegen Unternehmen verhängen können. Dies setze aber den Nachweis eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns eines Mitarbeiters voraus. Eine verschuldensunabhängige Haftung („strict liability") komme nicht in Betracht. Die Einhaltung der Vorgaben der DS-GVO erfordert aus Sicht des Generalanwalts „einen komplexen Bewertungs- und Beurteilungsprozess, der über die bloße Feststellung eines formalen Verstoßes hinausgeht". Soweit der juristischen Person das schuldhafte Handeln eines Mitarbeiters unterhalb der Leitungsebene zugerechnet werden soll, muss aus Sicht des GA eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegen. Für einen Verstoß des Mitarbeiters, der auf einen Mangel des Kontroll- und Überwachungssystems zurückgehe, seien die Leitungsorgane unmittelbar verantwortlich.

Ihre Ansprechpartner: 

Nima Rast

Nima Rast
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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Dr. Mahdad Mir Djawadi

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Rechtsanwalt
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