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„Aktuelle Entwicklungen des Umweltrechtsrechts“ war in diesem Jahr Gegenstand der Frühjahrstagung der Arbeitsgemeinschaft Verwaltungsrecht NRW des Deutschen Anwaltvereins. Auch wenn die Veranstaltung erneut in digitaler Form durchgeführt werden musste, freute sich der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Verwaltungsrecht, Dr. Michael Oerder (Lenz und Johlen Rechtsanwälte Partnerschaft mbB) darüber, 135 Teilnehmer an ihren Bildschirmen begrüßen zu dürfen. Hierzu zählten erneut auch wieder zahlreiche Vertreter aus Richterschaft, Verwaltung und dem universitären Bereich. Die Teilnehmer erwarteten fünf Fachvorträge erfahrener Referentinnen und Referenten, zu mitunter aktuellsten Entwicklungen in der Rechtsprechung.

Mit dem Thema Umweltrechtsschutz nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) eröffnete Herr Rechtsanwalt Dr. Frank Fellenberg (Redeker, Sellner, Dahs Rechtsanwälte) die Tagung. Die Relevanz, die das UmwRG inzwischen in der Rechtspraxis spielt, zeigte der Referent daran auf, dass im vergangenen Jahr das Gesetz schon in über 100 Entscheidungen die Verwaltungsgerichtsbarkeit beschäftigt hat. In einer allgemeinen Einführung in die Systematik und Funktion des UmwRG wurde deutlich, dass das Gesetz über die Bedeutung für anerkannte Umweltvereinigungen, für die es eine Abweichung vom allgemeinen Grundsatz des § 42 VwGO definiert, insgesamt auch prozessuale Anforderungen für alle umweltbezogenen Klagen, auch derer Individualklagenden, definiert. Die im UmwRG normierte Klagebegründungsfrist (§ 6 UmwRG), wonach Klagen im Anwendungsbereich des UmwRG innerhalb einer zehnwöchigen Frist zu begründen sind, wurde durch den Referenten nicht nur anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis und entsprechender Entscheidungen der Gerichtsbarkeit dargestellt, sondern war auch in der sich an den Vortrag anschließenden digitalen Diskussion ein die Praxis merklich beschäftigendes Thema. Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Beckmann leitete durch die digitale Diskussion und moderierte die Vielzahl der Fragen, die digital an den Referenten gerichtet wurden. Als Resümee zog Dr. Frank Fellenberg unter anderem die Schlussfolgerung, dass unabhängig von etwaigen Klageerfolgen von Umweltverbänden die Wirkung des Gesetzes in der Praxis spürbar sei. So würden Umweltbelange in Verwaltungsverfahren eine noch größere Beachtung finden, als diese inzwischen wesentlich häufiger einer klageweisen Überprüfung standhalten müssen.

Im Anschluss führte Frau Dr. Katrin Wolfert (Bosch & Partner) als ausgewiesene Expertin im Artenschutz unter dem Thema „Aktuelle Entwicklungen im Artenschutz und Konsequenzen für die Praxis“ zu den Herausforderungen der Thematik aus. Die Referentin gab der versammelten Juristenschaft dabei einen Überblick über die Herausforderungen, die insbesondere der Vogelschutz bei der Planung und Durchführung von Vorhaben spielt. Hierzu stellte die Gutachterin aktuelle Entscheidung aus der Rechtsprechung dar und diskutierte die sich hieraus ergebene Relevanz für die Praxis. Das Verhältnis des komplexen Regelwerks, beispielsweise zwischen denen der FFH-Richtlinie und dem mitunter weitreichenden Schutzanspruch der Vogelrichtlinie, wurden von der Referentin eingehend erörtert. Hierbei diskutierte die Vortragende zu einzelnen Ansätzen wie dem absoluten Tötungsverbot nach der Vogelrichtlinie, dem Signifikanzansatz, sowie Abgrenzungsfragen der Verschlechterung lokaler Populationen im Verhältnis zur Abgrenzung zur artenspezifischen Population.

Nach der Mittagspause stellte Ministerialrat Dr. Frank Petersen (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit) das Kreislaufwirtschaftsgesetz 2020 und die weitere Entwicklung im Kreislaufwirtschaftsrecht vor. Die weiter andauernde Dynamik des Abfallrechts begründet sich nach Darstellung des Referenten darin, dass der Ressourcenverbrauch eng verbunden ist mit dem allgemeinen Klimaschutz. Herr Dr. Petersen zeigte die aktuellen Verschärfungen, beispielsweise der Recyclingquote und der Quotenberechnung im KrWG auf und stellte die Instrumente zur Erfüllung der Recyclingquote, insbesondere die Getrenntsammlung anhand der Gesetzesänderungen dar. Zu welchen Verschärfungen das Gesetz insbesondere für die allgemeine Abfallentsorgung in den Kommunen führt war ebenso wie die erweiterten Herstellerverpflichtungen zur Abfallvermeidung Inhalt des Vortrages. Hier hob der Referent hervor, dass Deutschland bei den erweiterten Herstellerverpflichtungen und Abfallvermeidungsvorgaben mitunter einen weitergehenden Weg geht, der über die Richtlinie und Vorgaben der EU hinausgehe. Dass weitere Verschärfungen in der Zukunft zu erwarten sind, machte der Herr Dr. Petersen mit einem Ausblick in die zu erwartenden Entwicklungen der Zukunft deutlich. Denn anhand des sog. EU-Green Deals und weiterer EU-Programme ist absehbar, dass es zeitnah zu weiteren wesentlichen Änderungen auch des deutschen Abfallrechts kommen wird.

Über das Gesetz über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (USchadG) gab sodann Universitätsprofessor Dr. Johannes Saurer (Universität Tübingen) einen umfassenden Einblick. Die Ausführungen zu der Systematik des USchadG und seine Einordnung in das Regime des Umweltrechts wurden vom Referenten durch rechtspraktische Fälle verdeutlicht. Einzelne Regelungen und die sich hieraus bisher in der Praxis und Rechtsprechung ergebenden Probleme im Umgang mit dem Gesetz zeigte der Referent der interessierten Hörerschaft auf.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 24.03.2021 (1 BvR 2656/18) zum Klimaschutz und seine Folgen für den Umweltrechtschutz rundete die Tagung ab. Der Referent, Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger (Geulen & Klinger Rechtsanwälte) stellte in seinem Vortrag den sog. Klimaschutzbeschluss des Bundesverfassungsgerichtes dar und beschäftigte sich mit der Fragestellung, welche Auswirkungen der Beschluss auf die Rechte Individualkläger im Zusammenhang mit dem Klimaschutz hat. Nach einer Einführung zu den Hintergründen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes beleuchtete der Referent die wesentlichen Gründe, auf die sich die Entscheidung stützt. Hierzu stellte Prof. Dr. Klinger die Bedeutung des Art. 20 a GG und seine Relevanz für die Entscheidung des Gerichtes dar. Als Resümee zog der Vortragende, dass der Klimaschutz künftig auch für Individualkläger justiziabel werden dürfte, zeigte sich aber zurückhaltend, ob die Entscheidung auch auf andere Bereiche als den Klimaschutz übertragbar sei.

Ob die Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft für Verwaltungsrecht wieder als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden kann, wird von der allgemeinen Entwicklung abhängig sein. Informationen finden Sie auf der Website der Arbeitsgemeinschaft Verwaltungsrecht.

Ihr Ansprechpartner:

michael oerder gr

Dr. Michael Oerder
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Verwaltungsrecht NRW im Deutschen AnwaltVerein
Telefon: 0221-973002-73
E-Mail: m.oerder[at]lenz-johlen.de

 

Verfasser dieses Beitrags:

Stephan Wirtz

Stephan Helbig, LL.M.
Rechtsanwalt
Telefon: 0221-973002-74
E-Mail: s.helbig[at]lenz-johlen.de

 

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