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Am 22. November 2019 hat das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig beschlossen (Az. 3 A 113/18), den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen, um klären zu lassen, unter welchen Voraussetzungen weiterhin Abschalteinrichtungen zulässig sind und ob die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) gegen deren Zulassung klagebefugt ist. Das Verfahren wurde bis zur EuGH-Entscheidung ausgesetzt.

Das in Rede stehende VW-Modell, welches ehemals mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war und somit die Stickoxid-Grenzwerte nur im Rollprüfstand, nicht aber im Straßenverkehr einhielt, wurde auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) von VW durch ein Software-Update nachgerüstet. Auch danach sind noch Abschalteinrichtungen in Form von Thermo-Fenstern enthalten: Eine 100-prozentige Abgasrückführung findet erst ab 15°C statt. Dieses Update wurde vom KBA am 20. Juni 2016 genehmigt, die DUH hat hiergegen jedoch Klage erhoben, da sie die fortbestehenden Abschalteinrichtungen für unzulässig hält.

Hinsichtlich der für die inhaltliche Überprüfung des Freigabebescheids erforderlichen Klagebefugnis der DUH hat das VG Schleswig klargestellt, dass diese sich nicht aus nationalem Recht ergeben kann. Weder aus der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da das Verbot der Verwendung von Abschalteinrichtungen aus der Emissions-Grundverordnung mangels individualschützenden Charakters kein einklagbares Recht der DUH sei. Noch aus dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG), welches u.a. an den Begriff des „Vorhabens“ anknüpft – ein solches stellt eine Typengenehmigung für leichte PKW jedoch nicht dar und auch eine analoge Anwendung scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus. Zuletzt auch nicht aus der Aarhus-Konvention, welche in Deutschland nicht unmittelbar anwendbar ist.

Eine unionsrechtliche Klagebefugnis könnte sich allerdings aus dem Unionsgrundrecht auf wirksame Rechtsbehelfe in Verbindung mit der Aarhus-Konvention ergeben. In der Vergangenheit urteilte der EuGH bereits, dass durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien Umweltvereinigungen nicht die Möglichkeit genommen werden darf, die Beachtung der aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen.

Das VG Schleswig ist sich jedoch über die genauen Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf das deutsche Recht im Unklaren, da die Frage von den Gerichten in der Vergangenheit nicht einheitlich beurteilt wurde. Das VG Berlin nahm an, für die Bejahung einer Klagebefugnis aus der VwGO sei ausreichend, dass eine anerkannte Umweltvereinigung Beachtung der aus Unionsumweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften begehre. Das VG Düsseldorf entschied dagegen, das Unionsrecht gewähre keine über das UmwRG hinausgehende Klagebefugnis, da der nationale Gesetzgeber Zugang zu den Gerichten nicht völlig einschränkungslos garantieren muss.

Soweit die DUH tatsächlich unmittelbar aus dem Unionsrecht klagebefugt ist, stellt sich anschließend die Frage, inwieweit die immer noch bestehenden Abschalteinrichtungen gegen das grundsätzlich unionsrechtliche Verbot selbiger gemäß Emissions-Grundverordnung verstoßen. Dabei wurde dem EuGH die Frage vorgelegt, welche Maßstäbe an den Ausnahmetatbestand anzulegen sind, nach welchem Abschalteinrichtungen zum Schutz des Motors vor Beschädigung oder Unfall und um einen sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten zulässig sind.

Ihre Ansprechpartnerin:

Dr Inga Schwertner

Dr. Inga Schwertner
Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Telefon: 0221-973002-18
E-Mail: i.schwertner[at]lenz-johlen.de

 

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