Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage werden auch nach der Novelle des Ladenöffnungsgesetzes NRW im Jahr 2018 in Nordrhein-Westfalen von den Gemeinden im Regelfall im Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung freigegeben. Derartige Veranstaltungen konnten und können aufgrund der Beschränkungen in der gegenwärtigen Corona-Pandemie allerdings nicht oder jedenfalls nicht in gewohnter Weise durchgeführt werden. Dies hat zwangsläufig auch zur Absage einer Vielzahl bereits festgesetzter verkaufsoffener Sonn- oder Feiertage geführt.

Gleichzeitig zählt gerade der stationäre Einzelhandel in NRW zu den durch die Corona-Pandemie besonders stark betroffenen Branchen. Dem wollte das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen Rechnung tragen und mit Erlass vom 09.07.2020, aktualisiert am 14.07.2020, Vorgaben für die Zulassung verkaufsoffener Sonn- und Feiertage wegen der durch die Corona-Pandemie veränderten Rahmenbedingungen formuliert.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Beschlüssen vom 28.08. und 03.09.2020 nun klargestellt, dass weder die Herausforderungen der Corona-Pandemie noch der Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW die verfassungsrechtliche Ordnung außer Kraft setzen. Allein der Umstand, dass viele Geschäfte des lokalen Einzelhandels nach wochenlangen Geschäftsschließungen im ganzen Land von fortbestehenden Gesundheitsrisiken und Hygieneanforderungen besonders betroffen seien, könnten auch unter Berücksichtigung der gebotenen Wettbewerbsneutralität keine Freigaberegelungen gerechtfertigt werden, die nur einzelne Gemeinden erfassen und nur dort werktägige Geschäftigkeit auslösen. Ohne hinreichend gewichtige besondere örtliche Sachgründe, die als solche erkennbar und andernorts nicht gegeben sind, ließe sich eine Ausnahme vom landesweit geltenden Gebot der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Dabei stützt es sich auch auf ein aktuelles Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.06.2020, wonach zum einen auch seltene ungerechtfertigte Ausnahmen von dem Gebot sonn- und feiertäglicher Arbeitsruhe nicht zugelassen werden können, weil sie einen Teil des Handels unzulässig begünstigen und wegen ihrer Unzulässigkeit auch den Beschäftigten nicht zuzumuten sind, und es für verfassungsrechtlich tragfähige Ausnahmen vom grundsätzlichen Sonntagsöffnungsverbot zum anderen rechtssicherer Maßstäbe bedarf. Aus Sicht des Senats bieten die Folgen der Corona-Pandemie keinen Anlass, die gerade erst höchstrichterlich bestätigten Maßstäbe allein wegen eines gewünschten Signals an die Wirtschaft in Frage zu stellen.

Praxishinweis:

Bei der Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage während der Corona-Pandemie ist aus Sicht der Gemeinden Vorsicht und Zurückhaltung geboten, sollte eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nicht auszuschließen sein. Veranstaltungen, die ein hinreichendes öffentliches Interesse an der Zulassung eines verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertags begründen, dürften aufgrund der derzeitigen Beschränkungen nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Ob sich das Vorliegen sonstiger Sachgründe i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 2 LÖG NRW begründen lässt, bedarf stets einer umfassenden Prüfung der Umstände des konkreten Einzelfalls.

Quelle: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 03.09.2020

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