In seinem ersten Hauptsacheverfahren zum neuen Ladenöffnungsgesetz NRW hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW Grundsätzliches zu der durch das „Entfesselungspaket I“ in Nordrhein-Westfalen eingeführten Neuregelung über verkaufsoffene Sonntage ausgeführt und die Voraussetzungen, unter denen die Sonn- und Feiertagsöffnung zulässig ist, für einen wichtigen praktischen Anwendungsbereich näher präzisiert:

Ladenöffnungen im Zusammenhang mit örtlichen Veranstaltungen, die einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, hält der Senat schon dann für zulässig, wenn sich die Ladenöffnungsmöglichkeit im Wesentlichen auf das unmittelbare Umfeld der Veranstaltung bezieht und zeitgleich mit ihr vorgesehen ist; einer Besucherprognose bedarf es dann nicht. Das gelte erst recht, wenn sich Veranstaltung und Ladenöffnungsfreigabe räumlich im Wesentlichen auf einen begrenzten Straßeneinzugsbereich beschränkten. Dies ergebe sich aus der neuen Vermutungsregelung in § 6 Abs. 1 S. 3 LÖG NRW, die der Gesetzgeber geschaffen habe, um den Nachweis über das Vorliegen eines Sachgrundes für die ausnahmsweise sonntägliche Ladenöffnung zu erleichtern. Verbunden mit der ausdrücklichen Klarstellung in der Gesetzesbegründung, die Kommunen sollten durch die Neuregelung insbesondere von der bisher erforderlichen Prognoseentscheidung zu den Besucherzahlen befreit werden, verbiete diese Regelung bei gegebenem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Veranstaltung und Ladenöffnung, weitere Voraussetzungen zu fordern. Die gesetzliche Vermutung, die auch die Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität und der Rechtssicherheit berücksichtige, halte sich bei diesem Verständnis im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums. An diese gesetzliche Vorgabe sei der Senat gebunden und sehe sich daran gehindert, bei engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Veranstaltung und Ladenöffnung weiterhin zusätzlich insbesondere eine vom Bundesverwaltungsgericht für verfassungsrechtlich zwingend erforderlich gehaltene Besucherprognose zu fordern.

Die Entscheidung weicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, weshalb der Senat die Revision zugelassen hat, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Urteil vom 17.07.2019; Aktenzeichen: 4 D 36/19.NE

Quelle: Pressemitteilung des OVG NRW vom 18.07.2019

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