Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (OVG) hat mit Beschluss vom 27.04.2020 (Az.: 2 B 143/20) die Schließungsanordnung gegenüber zwei Betreibern überregional tätiger großflächiger Einrichtungshäuser vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das OVG hat die Landesregierung verpflichtet, die großflächigen Einrichtungshäuser abweichend von der einschränkenden Regelung in § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV als privilegierte Einzelhandelsgeschäfte im Sinne des § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV zu behandeln.
 
Die von Lenz und Johlen vertretenen Betreiber der Einrichtungshäuser hatten sich mit einem Normenkontrollantrag gegen die im Zuge der Corona-Krise durch Rechtsverordnung der Landesregierung vom 30.03.2020, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 16.04.2020, verfügten grundrechtsbeschränkenden Maßnahmen „zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ im Saarland (im Weiteren: CPV) gewandt. Im Eilverfahren wenden sie sich gegen die Schließungsanordnung der Landesregierung auf der Grundlage des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV, die in der aktuellen Fassung lautet: „Untersagt ist die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche, soweit nicht Absatz 5 etwas anderes bestimmt. (…)“ Der in Bezug genommene § 5 CPV führt in seinem Satz 1 unter den Nrn. 1 bis 17 zahlreiche Einzelhandelsbetriebe, beispielsweise den Lebensmittelhandel, Garten- und Baumärkte, Kraftfahrzeughändler oder den Großhandel auf. Möbelgeschäfte werden von der Aufzählung nicht erfasst.
 
Wie das OVG ausführt, spricht vieles dafür, dass die Anwendung des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV auf die Betreiber der Möbelhäuser gegen den allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Grundgesetz verstößt. Die im Grundgesetz gewährleisteten Gleichheitsrechte, die in besonderer Weise mit dem „Gerechtigkeitsgefühl“ in Verbindung stehen, sollten verhindern, dass einzelne oder auch ganze Gruppen von Grundrechtsinhabern im Vergleich zu anderen „ungleich“ behandelt werden. Im konkreten Fall der Möbelhäuser ist nach Auffassung des OVG kein sachlicher, tragfähiger Grund erkennbar, diese aus dem Katalog der privilegierten Einzelhandelsgeschäfte auszuschließen.

So erschließt sich nach Auffassung des OVG bereits nicht, warum die Beschaffung oder Ersetzung von Einrichtungsgegenständen für die derzeit zum zentralen Aufenthaltsbereich gewordene Wohnung infrastrukturell weniger bedeutsam sein soll als ein Gartenmarkt oder ein Fahrradmarkt, die beide nach der Verordnung privilegiert sind.
 
Auch unter dem Aspekt des mit der Verordnung verfolgten Ziels des Seuchenschutzes lasse sich kein sachliches Differenzierungskriterium feststellen. Das Anliegen, größere Menschenansammlungen in Innenstädten mit nur schwer zu kontrollierender Einhaltung von Hygienevorschriften zu unterbinden, treffe gerade bei Einrichtungshäusern, bei denen sich die Anforderung an die Großflächigkeit ja gerade aus dem Raumbedarf des ausgestellten Sortiments ergebe, nicht zu. Gerade im Blick auf die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsvorgaben und wegen der vergleichsweise geringeren Kundenfrequenz seien großflächige Einrichtungshäuser gegenüber kleineren geöffneten Geschäften leichter kontrollierbar.

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Dr. Thomas Lüttgau

Dr. Thomas Lüttgau
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Benedikt Plesker

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