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Mit Beschluss vom 17.01.2023 hat der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12.01.2022 (Az.: 4 A 1791/21) abgelehnt, mit dem dieses die Klage gegen eine auf die Beseitigung von Kies aus zwei Beeten gerichtete bauaufsichtliche Verfügung der Stadt Diepholz abgewiesen hat (Az.: 1 LA 20/22) und sich damit erstmals mit der bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit von sog. „Schottergärten“ befasst.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Stadtgebiet Diepholz. Im Vorgarten haben sie zwei insgesamt etwa 50 m² große Beete angelegt. Diese sind mit Kies, in den einzelne Pflanzen eingesetzt sind, bedeckt. Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob es sich bei den Beeten um Grünflächen im Sinne des § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) handelt. Nach dieser Vorschrift müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Die Grundstückseigentümer machen geltend, bei den Beeten handele es sich aufgrund der Anzahl und der Höhe der eingesetzten Pflanzen um Grünflächen. Jedenfalls sei ihr Garten unter Berücksichtigung der hinter dem Wohnhaus befindlichen Rasenflächen und Anpflanzungen insgesamt ein ökologisch wertvoller Lebensraum.

Dieser Argumentation ist der 1. Senat ebenso wie zuvor das Verwaltungsgericht Hannover nicht gefolgt. Die Bauaufsichtsbehörde könne einschreiten, wenn nicht überbaute Flächen von Baugrundstücken nicht den Anforderungen des § 9 Abs. 2 NBauO genügten. Dies sei hier der Fall. Bei den Beeten der klagenden Grundstückeigentümer handele es sich nicht um Grünflächen, die durch nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Kies ergänzt würden, sondern um Kiesbeete, in die punktuell Koniferen und Sträucher sowie Bodendecker eingepflanzt seien. Grünflächen würden durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen geprägt. Wesentliches Merkmal einer Grünfläche sei der „grüne Charakter“. Dies schließe Steinelemente nicht aus, wenn sie nach dem Gesamtbild nur untergeordnete Bedeutung hätten, was eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich mache. Dass die insgesamt nicht überbauten Flächen eines Baugrundstückes nur „überwiegend“ Grünflächen sein müssten, so dass die Grünflächen hinter dem Haus der Kläger die Kiesbeete im Vorgarten erlauben würden, sei § 9 Abs. 2 NBauO nicht zu entnehmen. Ein solches Verständnis widerspreche auch der Intention des Gesetzgebers, die „Versteinerung der Stadt“ auf das notwendige Ausmaß zu beschränken.

Praxishinweis:

Die Entscheidung ist über die Landesgrenzen von Niedersachsen hinweg von Bedeutung. Denn die Regelung in § 9 Abs. 2 NBauO ist erkennbar angelehnt an § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der Musterbauordnung (MBO), wonach die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke u.a. zu begrünen oder zu bepflanzen sind, soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen oder Bebauungspläne und andere Satzungen keine speziellen Festsetzungen zu den nicht überbauten Flächen treffen. Beispielsweise der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber hat diese Vorschrift in § 8 Abs. 1 BauO NRW 2018 wörtlich übernommen. Auch danach sind die in jüngerer Zeit in Mode gekommenen sog. „Schottergärten“, die fast ausschließlich aus Kieselsteinen bestehen, grundsätzlich also unzulässig. Auf der Grundlage von § 58 Abs. 2 S. 2, § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 2018 können folglich auch die Bauaufsichtsbehörden in NRW im Einzelfall ihre Beseitigung anordnen.

Quelle: Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18.01.2023

Ihr Ansprechpartner:

Markus Nettekoven
Rechtsanwalt

Telefon: 0221-973002-89
E-Mail: m.nettekoven[at]lenz-johlen.de

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