Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, der auf die Rückabwicklung eines für nichtig gehaltenen Erschließungsvertrages gerichtet ist, unterliegt grundsätzlich der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährung analog §§ 195, 199 BGB. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 27. 11. 2019 (Az.: 9 C 5.18) entschieden.

Die Beteiligten streiten über die Rückabwicklung eines Erschließungsvertrages.

Am 20. 11. 1997 schlossen die Beteiligten den Vertrag in privatschriftlicher Form. Darin übertrug die beklagte Gemeinde die Erschließung eines Baugebietes auf den Kl. Dieser verpflichtete sich, näher bezeichnete Erschließungsanlagen auf eigene Kosten herzustellen und die betreffenden Flächen sodann an die Bekl. „abzutreten und aufzulassen“. Die Bekl. versprach, die Straßen nach mängelfreier Abnahme zu widmen. Der Kl. sollte die Arbeiten aufnehmen, sobald der Bebauungsplan „ordnungsgemäß als Satzung festgestellt“ war. Noch im November 1997 beschloss die Bekl. den Bebauungsplan als Satzung. Im März 1998 stellte der Kl. die Straße fertig, obwohl die Genehmigung des Bebauungsplans ebenso wie seine Bekanntmachung noch ausstand. Erst im März 2000 wurde der – mittlerweile geänderte – Bebauungsplan öffentlich bekannt gemacht, nachdem die Aufsichtsbehörde erklärt hatte, die Genehmigung gelte als erteilt. In der Folgezeit kam es zwischen den Beteiligten zu Meinungsverschiedenheiten über die Erfüllung der wechselseitigen Verpflichtungen. Die Bekl. nahm die Straße nicht ab und widmete sie nicht.

Im Juli 2003 erhob der Kl. vor dem VG Klage gegen den zuständigen Abwasserzweckverband auf Erstattung von Kosten für einen Schmutzwasserkanal. In der Klageschrift findet sich ein Hinweis auf die „Problematik der Formnichtigkeit“ des Erschließungsvertrages mangels notarieller Beurkundung. Das Klageverfahren endete mit einem gerichtlichen Vergleich. Im Januar 2005 klagte der Kl. gegen die Gemeinde auf Feststellung der Formnichtigkeit des Vertrages. Das VG wies die Klage wegen fehlenden Feststellungsinteresses als unzulässig ab. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

Im August 2011 hat der Kl. die vorliegende Klage erhoben, mit der er von der Bekl. – soweit hier noch von Belang – die Zahlung von 98.550,67 € nebst Prozesszinsen begehrt. Er hat geltend gemacht, die Bekl. habe ihn bei Vertragsabschluss über den damaligen Stand des Bebauungsplanverfahrens getäuscht. Im Vertrauen auf die unrichtigen Angaben der Bekl. und auf deren Drängen habe er seine Leistung umgehend erbracht, dann aber die erschlossenen Grundstücke nicht zeitnah als Bauland verkaufen können. Durch die bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretene Verzögerung habe er sein gesamtes Vermögen verloren. Ihm stehe ein Erstattungsanspruch zu, da der Erschließungsvertrag nichtig sei. Die Bekl. hat den Anspruch bestritten und hilfsweise die Einrede der Verjährung erhoben.

Das VG hat die Zahlungsklage unter dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen. Das OVG hat die Berufung des Kl. zurückgewiesen. Die Revision blieb ohne Erfolg.

Die strittige Frage, ob der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegt, hat das BVerwG damit verneint. Es sei sachgerecht, der dreijährigen Verjährungsfrist auch den Erstattungsanspruch zu unterwerfen. Diese Regelung stellt in Anbetracht der Kenntnisabhängigkeit des Verjährungsbeginns und der Möglichkeit einer Verjährungshemmung einen angemessenen Ausgleich zwischen den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens einerseits und dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung andererseits sicher. Ein Rückgriff auf die dreißigjährige Verjährungsfrist kommt dagegen mangels Vergleichbarkeit mit den dort geregelten Ansprüchen nicht in Betracht.

Praxishinweis:
Sollten Zweifel an der Wirksamkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages bestehen und Rückabwicklungsansprüche in Betracht kommt, ist auf die Einhaltung der dreijährigen Verjährungsfrist zu achten.

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