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Seminar: „Projektentwicklung – Perspektiven 2021“ am 12.11.2020
Im Rahmen der regelmäßigen Veranstaltungen zu aktuellen Themen lud die Sozietät Lenz und Johlen am 12.11.2020 ihre Mandanten zu einem Seminar ein. Aufgrund der aktuellen pandemiebedingten Umstände gab es allerdings eine Premiere. Anstelle des gewohnten In-house-Seminares in den Kanzleiräumen am Rhein, fand das Seminar in digitaler Form statt.

Bedauerlicherweise entfiel dadurch das gewohnte und auch allseits beliebte Zusammenkommen im Anschluss an die Vorträge, um sich bei Kölsch und Currywurst weiter auszutauschen. Inhaltlich war es jedoch nicht minder interessant. Die Vorträge in kompakter Form haben auch digital einen abwechslungsreichen und spannenden Überblick hinsichtlich der aktuellen Perspektiven in der Projektentwicklung gegeben.

Nach einer kurzen Einführung von Dr. Rainer Voß ging es auch direkt los mit seinem ersten Vortrag zum Thema „Aktuelle Trends in der Projektentwicklung“. Im Mittelpunkt des Vortrages standen die Themen Wohnhaus, gewerbliches Wohnen, flexibler Büroraum sowie der signifikante Anstieg an Normenkontrollverfahren. Dabei wurden aus Sicht der Projektentwickler sowohl die Schwierigkeiten in der städtebaulichen Innenentwicklung als auch die Chancen und neuen interessanten Perspektiven angesprochen. Viele neue Vorhaben müssen sich daran messen, ob sie nicht nur verträglich sind für ihre Umgebung, sondern auch einen Mehrwert für die Stadtgesellschaft bieten. Für die Praxis besonders relevant dürfte auch der Hinweis sein, dass viele Bebauungspläne im Bestand zwar Vorgaben zur Geschossigkeit aber nicht zur Gebäudehöhe enthalten, so dass bei überhöhten Vollgeschossen mittels des Einbaus von Emporen de facto neue und flexible Büronutzfläche geschaffen werden können ohne dabei die Geschossflächenzahl (GFZ) zu erhöhen.  Schließlich wurde unter Verweis auf die steigenden Normenkontrollanträge nochmals betont, wie wichtig im Vorfeld eine gründliche Absicherung gegenüber potenziellen Nachbarklagen in der Projektentwicklung ist.

Im Anschluss beleuchtete Dr. Christian Giesecke das Thema „Baulandmobilisierung – Planungsinstrumente“. Seit geraumer Zeit verstärken sich die kommunalen Aktivitäten, um Bauland zu aktivieren und die Sicherung bezahlbaren Wohnens zu unterstützen. Der Fokus des Vortrages lag sodann auf den verschiedenen Mechanismen der Baulandmobilisierung. Diese lässt sich gliedern in die drei folgenden Säulen. Eine Zunahme kommunaler Maßnahmen, stärkere Verpflichtung der Eigentümer und Durchbrechung von Spekulationszyklen. Neben dem auch in der breiten Öffentlichkeit viel diskutierten Mietendeckel kommen hier insbesondere Vorkaufsrechte, „Milieuschutzsatzungen“ sowie der verstärkte Einsatz von Erbbaurechten in Betracht. Gerade der Einsatz von Vorkaufsrechten soll durch das Baulandmobilisierungsgesetz erheblich ausgeweitet werden. Die gesetzliche Vorgabe, dass die Maßnahme dem Wohl der Allgemeinheit dient, dürfte sicherlich in Zukunft vermehrt ein Knackpunkt verwaltungsgerichtlicher Auseinandersetzungen sein. Auch das Mittel der „Milieuschutzsatzungen“ in Form einer sogenannten Erhaltungssatzung birgt im Einzelfall viele Streitigkeiten. So werden innerhalb eines bestimmten Gebiets sämtliche bauliche Änderung einer erneuten Genehmigungspflicht unterworfen. Die genauen Vorgaben, unter denen dann eine Genehmigung erteilt werden soll, sind allerdings häufig sehr unbestimmt und daher umstritten. Hier gab der Referent noch Hinweise, wie trotzdem eine Genehmigung durch die Stadt möglicherweise erlangt werden kann.

Mit seinem Vortrag zum Thema „Zukunftsthema – Wohnen und Nahversorgung“ stellte Dr. Thomas Lüttgau die rechtlichen Schwierigkeiten beim Zusammenspiel von Wohnen und qualitätvoller Nahversorgung vor. Vor dem Hintergrund stetig wachsender Städte stellt sich zunehmend die Frage, wie in verdichteten Städten eine gehaltvolle und zugleich wohnortnahe Nahversorgung möglich ist. Das heutige Anforderungsprofil lässt sich fast nur noch in einem sogenannten großflächigen Einzelhandel (über 800 qm²) realisieren. Dieser ist in der BauNVO aber nur in Kern- und Sondergebieten zulässig, wo wiederum Wohnen nur untergeordnet zulässig ist. Weiter sind die Ziele der Raumordnung zwingend zu berücksichtigen, wonach eine Zuweisung der Einzelhandelsbetriebe in zentrale Versorgungsbereiche erfolgt. Letztere Gebiete sehen jedoch keine Wohnnutzung vor. Die Regelungslage ist daher sehr problematisch, um den Wünschen der Bevölkerung zu entsprechen. Gleichzeitig ist auch die Rechtsprechung bisher sehr restriktiv bei der Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Ausnahme. Der Schwerpunkt des Vortrags befasst sich sodann mit den rechtlichen verschiedenen Lösungsansätzen. Auch werden alternative Ansätze aufgezeigt, wie der weit verbreiteten Sorge von Seiten der Stadt vor Einzelhandelsgroßbetrieben in eng verdichteten urbanen Städten regulativ im Einzelfall begegnet werden könnte. Abgerundet wird der Vortrag durch einen Ausblick in die Zukunft. Hier wird insbesondere auf das Baulandmobilisierungsgesetz abgestellt. Als Fazit stellt er fest, dass eine Abkehr von der bisherigen restriktiven Denkweise erfolgen müsse, da großflächiger Einzelhandel und Wohnen zusammengehören.

Martin Hahn wandte sich mit seinem Vortrag „Städtische Grundstücke in der Projektentwicklung“ einem weiteren praxisrelevanten Thema zu. Aufgrund der allgemeinen Bodenknappheit sind städtische Grundstücke zunehmend in den Fokus geraten. Damit ist auch ein genauerer Blick auf den rechtlichen Rahmen beim Erwerb eines solchen Grundstücks angezeigt. Die Prüfung erfolgt grundsätzlich in drei Schritten. Das Kartellvergaberecht, EU- und Beihilfenrecht sowie das EU-Primärrecht. Die Bedeutung der Einhaltung aller Voraussetzungen hin zu einem rechtssicheren Grundstückserwerb drängt sich umso mehr auf vor dem Hintergrund der möglichen nachteiligen Konsequenzen. Mögliche Konkurrenten können an verschiedenen Stellen in einem solchen Verfahren das anvisierte Geschäft noch durchkreuzen oder jedenfalls erheblich zeitlich hinauszögern und dabei mitunter nicht unerhebliche Kosten verursachen. Der Referent stellte daher im Laufe des Vortrages immer wieder auf mögliche Fallstricke ab und zeigte auf, welche Aspekte besonders beachtet werden müssen. Abschließend wurde festgehalten, dass sowohl für die öffentliche Hand als auch für den Projektentwickler ein großes Interesse besteht, ein rechtssicheres Geschäft abzuschließen.

Den Schlusspunkt setzte Dr. Philipp Libert mit seinem Vortrag „Corona Rechtsprechung im gewerblichen Mietrecht“. Den bisherigen gerichtlichen Entscheidungen lag die folgende Konstellation zu Grunde. Es erfolgt eine behördlich angeordnete Schließung des Einzelhandels. Daraufhin stellt der Mieter die Mietzahlungen ein und der Vermieter klagt wiederum auf Zahlung der rückständigen Mieten. Die überwiegende Anzahl der Zivilgerichte nimmt eine fortgeltende Mietzahlungspflicht an. Danach bestehe keine Minderung, da die behördliche Zwangsschließung kein Mangel der Mietsache darstelle. Der Vertragszweck bleibe bestehen, da eine Nutzung grundsätzlich weiter möglich sei. Dieser Punkt wurde gerade bei der gerichtlichen Entscheidung zugunsten des Mieters anders beurteilt. Schließlich wurden auch unter dem Aspekt der Störung der Geschäftsgrundlage keine Anpassung des Vertrages von Seiten der Gerichte vorgenommen. Hierzu fehle es in den Einzelfällen an einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag unter Verweis auf die fehlende Existenzgefährdung, die staatlichen Hilfen und die Notwendigkeit von Eigenbemühungen in Form von Rücklagen. Es bleibt abzuwarten, ob aus dieser bisher überschaubaren Anzahl an untergerichtlichen Entscheidungen bereits eine endgültige juristische Lösung abzuleiten ist. Es ist davon auszugehen, dass im Laufe des nächsten Jahres die ersten obergerichtlichen Entscheidungen kommen und am Ende des Rechtswegs vielleicht auch der Bundesgerichtshof.

Hier die Präsentationen zum Download:

Dr. Rainer Voß:  Aktuelle Trends bei der Projektentwicklung [Download]

Dr. Christian Giesecke:  Baulandmobilisierung - Planungsinstrumente [Download]

Dr. Thomas Lüttgau:  Zukunftsthema Wohnen und Nahversorgung [Download]

Martin Hahn: Städtische Grundstücke in der Projektentwicklung [Download]

Dr. Philipp Libert : Aktuelle Corona-Rechtsprechung im gewerblichen Mietrecht [Download]

Verfasser dieses Beitrages:

Reichel Malte

Malte Reichel

Telefon: 0221-973002-80
E-Mail: m.reichel[at]lenz-johlen.de

 

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