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Mit Allgemeinverfügung vom 23.06.2023, öffentlich bekannt gemacht im Amtsblatt der Stadt Köln am 28.06.2023, untersagt das Umwelt- und Verbraucherschutzamt der Stadt „jegliche Entnahme von Wasser aus Fließgewässern (Bächen) auf dem Gebiet der Stadt Köln, die den wasserrechtlichen Vorschriften unterliegen...“. Das Verbot soll vorerst bis zum 31. Oktober 2023 gelten, wobei sich die Stadt – je nach Wetterlage – eine Verlängerung der Geltungsdauer ausdrücklich vorbehält.

In Anbetracht der Formulierung „jegliche Entnahme“ stellt sich die Frage, wie weitreichend das Verbot tatsächlich ist und ob die Vorschrift den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot genügt.

Keine Frage, die Allgemeinverfügung der Stadt verfolgt mit dem Zweck, „die Funktion des Wassers als Lebensgrundlage und gewässerökologische Belange in Bezug auf die im Wasser lebenden Organismen und Pflanzen in einem ausreichenden Lebensraum zu schützen und zu erhalten“ ein hehres Ziel. Doch was bedeutet das Verbot in der Praxis? Verbietet es beispielsweise der Industrie die Entnahme von Rheinwasser zur Kühlung? Verstößt die Feuerwehr gegen die Allgemeinverfügung, wenn sie zur Löschung eines Brandes Wasser aus dem nahegelegenen Bach pumpt, und dürfen Bürger künftig ihre Pflanzen nicht mehr mit Wasser aus an ihre Grundstücke grenzenden Fließgewässer gießen?

Aufschluss über die Reichweite des Verbots gibt dessen Rechtsgrundlage. Die Behörde stützt die Allgemeinverfügung auf § 21 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG). Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde den Eigentümer- und Anliegergebrauch durch ordnungsbehördliche Verordnung oder Verwaltungsakt regeln und beschränken, um zu verhindern, dass andere beeinträchtigt werden, schädliche Gewässerveränderungen zu besorgen sind oder die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt wird. Was unter Eigentümer und Anliegergebrauch zu verstehen ist, regelt wiederum das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes.

Nach § 8 Abs. 1 WHG bedarf die Benutzung eines Gewässers grundsätzlich der Erlaubnis oder Bewilligung. Auch die Entnahme von Wasser stellt gem. § 3 Nr. 17 i.V.m. § 3 Nr. 16 a) WHG eine solche Benutzung dar. § 26 Abs. 1 und 2 WHG macht von diesem Grundsatz zugunsten von Eigentümern oberirdischer Gewässer(-abschnitte) und Anliegern, also Eigentümern und Nutzungsberechtigten von Grundstücken, die an ein oberirdisches Gewässer grenzen, eine Ausnahme. So ist Eigentümern und Anliegern die Benutzung für den eigenen Bedarf ohne Erlaubnis gestattet, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind.

Nur diesen Eigentümer- und Anliegergebrauch kann das Kölner Umwelt- und Verbraucherschutzamt also beschränken, wenn es sich auf die Rechtsgrundlage des § 21 LWG stützt. Im Ergebnis sind damit weder solche Wasserentnahmen, die aufgrund einer Erlaubnis oder Genehmigung erfolgen noch Wasserentnahmen zum Zwecke der Gefahrenabwehr von dem Verbot der Allgemeinverfügung umfasst.

Darüber hinaus nimmt § 26 Abs. 3 WHG Bundeswasserstraßen und sonstige Gewässer, die der Schifffahrt dienen oder künstlich errichtet sind, aus dem Anwendungsbereich des Eigentümer- und Anliegergebraus heraus. Daraus folgt, dass auch das Verbot des Umweltamtes diese Gewässer nicht betrifft.

Die Allgemeinverfügung verbietet demnach faktisch lediglich die genehmigungsfreie Entnahme von Wasser in geringen Mengen durch Eigentümer oder Anlieger kleiner natürlicher Fließgewässer (Bäche).

Aus dem Wortlaut der Allgemeinverfügung selbst geht dieser enge Anwendungsbereich allerdings nicht hervor. Ob der knappe Verweis auf die „wasserrechtlichen Vorschriften“ und die mitveröffentlichte Begründung zum Erlass der Allgemeinverfügung ausreichen, um dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgebot Genüge zu tun, ist kritisch zu beurteilen.

Jedenfalls aber hat das Verbot jeglicher Wasserentnahme aus Fließgewässern in Köln bei weitem nicht die Tragweite, wie der Wortlaut der Allgemeinverfügung auf den ersten Blick vermuten lässt.

 

Ihre Ansprechpartnerin:

Dr Inga Schwertner

Dr. Inga Schwertner
Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Telefon: 0221-973002-18
E-Mail: i.schwertner[at]lenz-johlen.de

 

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