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Aus Fachkreisen wird kolportiert, dass die im Koalitionsvertrag noch für die laufende Legislaturperiode angekündigte Einführung eines gesetzlich normierten Rechtsschutzes unterhalb der Schwellenwerte weiter auf sich warten lassen wird. Die entsprechenden Fachbereiche im Bundeswirtschafts- und Justizministerium sind offensichtlich mit anderen Themenbereichen, denen intern Priorität eingeräumt wird, vollständig ausgelastet. Damit kann weiterhin nur oberhalb der geltenden Schwellenwerte von derzeit 5.000.000,00 € für Bauaufträge bzw. 200.000,00 € für Liefer- und Dienstleistungsaufträge rechtssicher gegen Vergaberechtsverstöße vorgegangen werden.

Nach Ansicht renommierter Vergabe- und Verfassungsrechtler fehlt für eine umfassende Lösung des Unterschwellenrechtsschutzes über eine bundeseinheitliche Regelung jedoch ohnehin die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Entsprechende Stellungnahmen dürften mittlerweile auch den zuständigen Ausschüssen vorliegen. Ggf. wären dann wohl im Ergebnis eher die Länder gefragt, die im Moment wiederum damit beschäftigt sind, mehr oder auch eher weniger praxistaugliche Tarif- und Vergabegesetze einzuführen. Dabei findet zumindest bislang keine Auseinandersetzung mit dem Thema des Rechtsschutzes statt. Eine einheitliche Handhabe wäre hierbei auch sicherlich angezeigt, um dem angestrebten Ziel eines transparenten, wirksamen und einheitlichen Rechtsschutzes unterhalb der Schwellenwerte näher zu kommen. Ob dies möglich sein wird, muss momentan ernsthaft bezweifelt werden.

Praxishinweis:

Bieter müssen weiterhin auf einen gesetzlich normierten und einheitlichen Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte warten. Soll ein vergaberechtswidriger Zuschlag in diesem Bereich verhindert und die eigene Chance auf den Auftrag gewahrt werden, muss weiterhin der aufgrund uneinheitlicher Rechtsprechung mit erheblichen Risiken verbundene Weg vor die Landgerichte angetreten werden. Allerdings ist in letzter Zeit eine deutlich bieterfreundlichere Spruchpraxis auszumachen (vgl. zuletzt OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012 - 1 U 357/11; LG Bad Kreuznach, Urteil vom 20.04.2012 - 2 O 77/12; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.10.2011 - 27 W 1/11). Der vergaberechtliche Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte scheint mittlerweile zumindest zaghaft und aus eigener Kraft aus dem Schatten des Kartellvergaberechts zu treten. Er ist zumindest nicht mehr auf reine Willkürmaßnahmen der öffentlichen Hand beschränkt und damit nahezu aussichtslos.

Martin Hahn
Rechtsanwalt

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