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Das OVG Münster, Urteil vom 05.07.2017 (Aktenzeichen: 7 D 105/14.NE), hat entschieden, dass die Einordnung einer Schutzzone von 500 m um Einzelhöfe und Ansiedlungen im Außenbereich als harte Tabuzone im Einzelfall abwägungsfehlerhaft ist, weil der nach den der Planung zugrundeliegenden Annahmen immissionsschutzrechtlich zwingend gebotene Abstand nur 450 m betrage.

Für die Steuerung der Windenergienutzung im Gemeindegebiet können Gemeinden auf den Planvorbehalt in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zurückgreifen. Die Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung kann mit der Wirkung verbunden werden, dass Windenergieanlagen im übrigen Gemeindegebiet in der Regel unzulässig sind. Diese Steuerungsmöglichkeit setzt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept voraus. Die Erarbeitung dieses Konzepts vollzieht sich abschnittsweise und setzt eine Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen voraus. Die Tabuzonen sind Bereiche, in denen von vornherein Windenergieanlagen nicht errichtet werden können oder sollen. Harte Tabuzonen sind solche Bereiche, in denen der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen ausscheidet. Weiche Tabuzonen sind dagegen Bereiche, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zwar tatsächlich und rechtlich möglich sind, in denen aber nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde keine Windenergieanlagen errichtet werden sollen.

Die Differenzierung kann für die Wirksamkeit einer Konzentrationszonenplanung entscheidend sein. Harte Tabuzonen scheiden für die Windenergienutzung von Gesetzes wegen aus und sind daher der bauleitplanerischen Abwägung nicht zugänglich. Ordnet die Gemeinde Bereiche als harte Tabuzone ein, entzieht sie diese damit der Abwägung. Werden den harten Tabuzonen Flächen zugeordnet, auf denen die Windenergienutzung tatsächlich und rechtlich möglich ist, kann das einen Abwägungsfehler begründen.
Einen solchen Fehler hat das OVG Münster angenommen, weil die Gemeinde einen Abstand von 500 m um Einzelhöfe und Ansiedlungen im Außenbereich als harte Tabuzone bewertet hat.
Zu den harten Tabuzonen gehören auch die Bereiche, die aus immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht für die Windenergienutzung in Betracht kommen. Das ist etwa in dem Bereich der Fall, in dem die Grenzwerte der TA Lärm durch den Betrieb der Windenergieanlage überschritten würden. Immissionsschutzrechtliche Abstände, die auf Vorsorgeerwägungen beruhen, sind hingegen nicht mehr den harten Tabuzonen zuzurechnen.

Das macht eine Differenzierung zwischen dem immissionsschutzrechtlich  zwingend gebotenen Abstand und demjenigen Abstand erforderlich, mit der die Gemeinde am Vorsorgegrundsatz orientiert das Maß des Hinnehmbaren bestimmt. Bei dieser Differenzierung kommt der Gemeinde ein Beurteilungsspielraum und eine Befugnis zur Typisierung zu.

Dieser Spielraum war nach Ansicht des OVG Münster überschritten, weil nach einer Einschätzung des Landesamtes für Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) eine Einzelanlage für die Einhaltung des maßgeblichen Immissionsrichtwertes von 45 dB(A) zur Nachtzeit lediglich ein Abstand von 450 m erfordere. Damit sei eine Zone von 50 m für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen voraussichtlich geeignet. Durch die Einordnung als harte Tabuzone, also als Bereich, in dem die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich sei, habe die Gemeinde die Größe der für die Windenergienutzung zur Verfügung stehenden Fläche abwägungsfehlerhaft als zu gering eingeschätzt.

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass bei der Zuordnung bestimmter Abstände zu den harten Tabuzonen Zurückhaltung angebracht ist. Der den Gemeinden insoweit zustehende Spielraum ist denkbar klein.

  

Ansprechpartner:

felix pauliDr. Felix Pauli
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Telefon: 0221-973002-54
E-Mail: f.pauli[at]lenz-johlen.de

 

 

 

 

 

 

 

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